eMotion bewegt sich im Wirkungsdreieck von Kunstgegenstand, Kunstbetrachter und Rezeptionskontext, d.h. Präsentationsraum und Präsentationslogik. Die Interdependenzen dieser Momente werden seit Beginn der theoretischen Auseinandersetzung mit der musealen Präsentation von Kunst aus unterschiedlichen Perspektiven erörtert.
Besondere Aufmerksamkeit erfuhr hierbei seit der idealistischen Kunsttheorie das Verhältnis von Kunstwerk und Betrachter. Der Betrachter wurde zunehmend nicht mehr als rein passiver Rezipient, sondern als aktiver Gestalter des Kunstereignisses angesehen, der Rezeptionsvorgang selbst nicht mehr linear und statisch, sondern mehrdimensional und dynamisch; die „Kunstwerdung“ ereignet sich im Moment der Rezeption.
Präsentationssituation
Der Rezeptionsrahmen, d.h. die Präsentationssituation und ihre Bedeutung für das Verhältnis von Kunst und Betrachter kommt erst relativ spät ins Blickfeld der Museumsdiskussion. Erste Ansätze finden sich im Zuge der großen Museumsneugründungen am Ende des 19. Jahrhunderts bei Kuratoren wie beispielsweise Alfred Lichtwark oder John Cotton Dana, bei denen erstmals die Funktion und gesellschaftliche Aufgabe der Museumsinstitution als Ort der Kunstvermittlung kritisch hinterfragt wurde. Doch erst nach dem Ende des Deutschen Kaiserreiches konnten sich diese Ansätze in einer ersten Reformbewegung der Museen weiterentwickeln. Den Mut, die theoretischen Erörterungen zu Kunst und Raum in die Praxis umzusetzen, fand schließlich der Hannoveraner Museumsdirektor Alexander Dorner, der in den 1920er Jahren erstmals in seinen revolutionären Ausstellungskonzepten die Anforderungen der neuen Kunstströmungen und die Erwartungen des Kunstbetrachters mit einbezog.
Mit der Erweiterung des Kunstbegriffs und der neuen Kulturpolitik wurden Stimmen laut, die einen aktiven Austausch von Kunst und Betrachter sowie gesellschaftliches Engagement der Museen forderten. Es erfolgte eine Aufwertung der Vermittlung im Museum und mit ihr ab den ausgehenden 70er Jahren eine Diskussion der musealen Präsentation und der Museumsarchitektur. Besucherorientierung bzw. museumspädagogische und didaktische Aspekte bestimmten seit den 90er Jahren zunehmend die Museums- und Ausstellungsgestaltung.
Die emotionale Komponente des Kunstmuseumsbesuchs
In Rezeptionstheorien zur Kunst wird der Besuch einer Kunstausstellung als kognitives, emotional-affektives oder soziales Erlebnis beschrieben. Die Emotionalität des Besuches wird beeinflusst von kognitiven Elementen der individuellen Erwartungen (zum Beispiel dem antizipierten Besuchsnutzen, gespeist aus Ideen und Vorwissen über Kunst) und von affektiven Elementen (zum Beispiel biographischen Assoziationen des Wahrnehmenden mit dem Wahrgenommenen). Die Zunahme der Museumsbesuche in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren (von 99 Mio. im Jahre 2000 auf 103 Mio. im Jahre 2004 und 110 Mio im Jahre 2006) wird fast ausschließlich auf das “Spektakel”, auf das Erlebnis zurückgeführt. Diese emotionale Komponente des Kunstmuseumsbesuchs wird als Erfolgsfaktor im Marketing und auch in kuratorischen Zielvorstellungen provokativ-irritierender zeitgenössischer Kunst vorausgesetzt, ohne jemals überprüft worden zu sein. Die transdisziplinäre Ausrichtung dieses Projektes trägt nicht nur den psychologischen, soziologischen und kunstwissenschaftlichen Fragestellungen hinsichtlich dieses Phänomens des “Erlebens” oder der “Emotionalität” Rechnung, sondern auch der Verknüpfung mikro-, meso- und makrostruktureller Perspektiven und der Prüfung soziologischer, psychologischer und kuratorischer Hypothesen zur Wirkungsweise des Museums.
Durch die neuartige methodische Herangehensweise ist das Kunstforschungsprojekt eMotion ein viel versprechender Weg, der Diskussion einen nachhaltigen Impuls zu verleihen.